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AutorenbildMichaela Sailer

Yoga in der Werkshalle


Asana-Praxis am Main-Donau-Kanal

Immer wieder kommt der Yoga an Orte, wo man ihn niemals vermuten würde. Und dort trifft er dann auf Menschen, die ihm erstaunlich offen begegnen. Das durfte ich in dieser Woche mehrmals erleben.


»Wenn ihr jetzt glaubt, dass man sich beim Yoga nur hinlegt und entspannt – da habt ihr euch geschnitten!«

»Wenn ihr jetzt glaubt, dass man sich beim Yoga nur hinlegt und entspannt – das kann ich euch gleich sagen, da habt ihr euch geschnitten!« – so wird keine Yogalehrerin ihre Stunde eröffnen (auch wenn ich das hin und wieder gerne würde). Am Dienstagmorgen, in einer Werkshalle des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Donau MDK, erledigt das mit ernstem Ton ein hochgewachsener Endzwanziger für mich und warnt seine Kollegen vor. Im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements ermöglicht das Unternehmen seinen Mitarbeitenden, an einem Gesundheitstag verschiedene Sportarten auszuprobieren und Vorträgen zu lauschen. Und ich darf in einer Werkshalle fünf Yogastunden unterrichten.


Die Männer in dieser Werkshalle spüren sehr wohl, was die Asanas mit Ihnen gemacht haben.

Mir gegenüber auf den Matten: überwiegend Männer – schlacksige, muskelbepackte und bierbäuchige. Von 16 bis 60 Jahren. Büromenschen, Handwerker und Taucher. Bunter könnte die Mischung nicht sein. Allen gemeinsam ist: sie stehen zum ersten Mal auf einer Yogamatte.


Yoga-Props der anderen Art …

Im 50-Minuten-Takt bekomme ich neue Schüler. Sie sind alle neugierig, hören aufmerksam zu und geben ihr Bestes. Hier in der Werkshalle, mit diesen Menschen, ist die Atmosphäre völlig frei von Ego-Gehabe – in Yogastudios erlebe ich oft das Gegenteil. »Nein, das muss jetzt gehen«, piepst einer mit verstellter Stimme, als er in einer Vorwärtsbeuge seine Zehen nicht zu fassen bekommt. Die Runde lacht kurz auf und widmet sich dann wieder ernst der Asana.


Der Schweiß fließt nicht zu knapp. Auch Rückmeldungen gibt es reichlich. Man hätte sich ja so einiges unter Yoga vorgestellt … aber das sei ja echt anstrengend, aber auch irgendwie entspannend. Selbst wenn dem starken Geschlecht nachgesagt wird, es sei unsensibel, so zeigen mir die Rückmeldungen vor allem eines: die Männer in dieser Werkshalle spüren sehr wohl, was die Asanas mit ihnen gemacht haben.


Zwei Tage später darf ich an einem weiteren Standort des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts Donau MDK Yoga unterrichten. Ich bin dankbar, an solch ungewöhnlichen Orten arbeiten und den Yoga dorthin bringen zu dürfen. Und wie immer darf ich demütig beobachten, wie wunderbar der Yoga auf die Menschen wirkt. Vor allem auf jene, die noch nie etwas mit ihm zu tun hatten.


Dazu passt: »Yoga – Die Kraft des Lebens«, ein Dokumentarfilm von Stéphane Haskell, der momentan im Kino läuft. Er zeigt den Yoga an ungewöhnlichen Orten, wo er Gefangenen, Gehörlosen, Massai-Kriegern oder MS-Kranken begegnet.





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